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Stellungnahme zum Thema Antisemitismus

Aus Sicht des Islam gehört das Judentum wie das Christentum zu den abrahamitischen Religionen, zu denen eine besondere Nähe besteht, was gerade beim Judentum auch im Rituellen deutlich wird (Beschneidung, Speiseregeln, Gebet). Es gibt im Islam keine Grundlage für Judenfeindschaft. Im Gegenteil sind Muslime durch ihre Religion aufgefordert, dem Judentum mit Achtung und Respekt zu begegnen. In Hamburg sind SCHURA und die Jüdische Gemeinde in vielerlei Weise im interreligiösen Dialog verbunden, so im Interreligiösen Forum oder auch dem Religionsunterricht für alle an Hamburger Schulen.

 

Antisemitismus ist geradezu eine Konstante der europäischen Geschichte vom christlichen Antijudaismus des Mittelalters bis zum modernen nationalistisch-rassistischen Antisemitismus, der in den eliminatorischen Antisemitismus der Nazis und damit in den Holocaust mündete. Wie etwa vom Antisemitismusforscher Prof. Wolfgang Benz dargestellt, ist der Antisemitismus so etwas wie der Prototyp jeglichen Ressentiments gegenüber Minderheiten. Tatsache ist, dass moderner Antisemitismus von Europa auch in den Nahen Osten kam und dort leider im Kontext des Nahostkonfliktes mit Israel wiederholt unreflektiert übernommen wurde.

 

SCHURA hat sich wiederholt und deutlich gegen jede Form von Antisemitismus positioniert. Als islamische Religionsgemeinschaft in Deutschland stehen wir auch in einer Verantwortung zur deutschen Geschichte. Dies haben wir nach Außen wie nach Innen vermittelt. Hinsichtlich unserer Mitgliedsgemeinden ist es Teil einer politischen Bildungsarbeit, wo wir gerade die Multiplikatoren wie Imame und Gemeindevorsitzende zu erreichen versuchen. Hierzu gehören Aktivitäten wie Besuche mit Imamen in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

 

In den letzten Jahren ist in Deutschland generell eine Zunahme gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit feststellbar, wozu sowohl Antisemitismus wie auch Islamfeindlichkeit gehören. Gleichermaßen haben Übergriffe auf als Juden wie auf Muslime (insbesondere kopftuchtragende Frauen) zugenommen. Dies ist durch eine Änderung des politisch-gesellschaftlichen Klimas in Deutschland erklärbar. Die Revitalisierung nationalistischer Identitätsmuster durch den Rechtspopulismus und dessen Agitation gegen pluralistische Werte und „politische Korrektheit“ haben dazu geführt, dass Hemmungen fallen und rassistische Ressentiments offen gezeigt werden.

 

Die Annahme, aktuell ginge Antisemitismus hauptsächlich von Muslimen oder muslimischen Flüchtlingen aus, ist nachweislich falsch. Wie sich etwa aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) ergibt, ging im letzten Jahr die übergroße Mehrheit der antisemitischen Übergriffe (1377 von 1453) von rechts motivierten Tätern aus. Antisemitismus war und ist primär ein genuines Problem der deutschen Gesellschaft, dass nicht etwa durch Flüchtlinge geschaffen wird. Diesen nun auf Muslime und Flüchtlinge zu projizieren, wirkt mehr wie eine Entlastungsstrategie als dies durch Fakten begründbar wäre.

 

Unbestreitbar gibt es antisemitische Ressentiments bei Flüchtlingen aus dem Nahen Osten (und nicht nur bei den Muslimen unter ihnen!). Dieser Umstand, und insbesondere daraus resultierende Übergriffe auf jüdische Menschen in Deutschland, werden von SCHURA in aller Entschiedenheit verurteilt. Dafür gibt es kein Verständnis und keine Toleranz. Die Ursachen hierfür sind aber in keiner Weise religiös; immer politisch. Sie entstammen dem Nahostkonflikt, verbunden mit fehlendem Wissen über Antisemitismus, die deutsche Geschichte und den Holocaust. Insbesondere auch die Erfahrungen mit der Besatzungspolitik Israels von einigen Geflüchteten führt zu solchen politischen Einstellungen. Nicht wenige von den Geflüchteten haben einen palästinensischen Ursprung und sind somit auch persönlich von der aktuellen politischen Situation im Nahen Osten betroffen. Dies ist aber in keinsterweise eine Rechtfertigung für Rassismus oder Antisemitismus, bedarf jedoch einer Bildungsarbeit, die wir als Schura als eine unsere Aufgaben wahrnehmen.

 

SCHURA wird in den kommenden Monaten die politische Bildungsarbeit ausweiten. Dabei sind konkret Projekte zum Thema Antisemitismus vorbereitet, die sowohl Wissenserwerb wie persönliche Begegnungen zwischen Muslimen und Juden ermöglichen sollen. Es ist auch geplant, in Kooperation mit der Stadt Hamburg die Weiterbildung der Imame weiter zu verbessern.