Aus Anlass der „Woche der islamischen Einheit“ veranstalteten SCHURA Hamburg und das Islamische Zentrum Hamburg am 26. Januar eine Konferenz zum Thema Islam in Deutschland – Herausforderungen zur Etablierung einer islamischen Theologie unter Beteiligung von Vertretern islamischer Religionsgemeinschaften, Vertretern von Lehrstühlen und universitären Instituten für islamische Theologie sowie Imamen und Journalisten. Aufgrund der Aktualität dieses Themas ergab sich ein großes Interesse von Bucherinnen und Besuchern und einen zeitweise völlig überfüllten Veranstaltungssaal im Islamischen Zentrum. Darunter waren auch zahlreichen Vertreter der Kirchen, des Judentums sowie von Universität und politischen Parteien.
In seinem Einführungsvortrag erklärte SCHURA-Vorsitzender Mustafa Yoldas die Etablierung einer islamischen Theologie an deutschen Hochschulen zu einem der wichtigsten Zukunftsthemen der Muslime in Deutschland. Gerade deshalb bedürfe es einer breiten innerislamischen Debatte hierüber, welche die Pluralität des Islam berücksichtige. Dabei dürfe niemand ausgeschlossen werden und Hochschulen und islamische Religionsgemeinschaften müssten sich als Partner begreifen, die nur zusammen dieses Projekt bewältigen könnten.
Auf dem ersten Podium diskutierten unter der Moderation von Mustafa Yavuz (ehem. Vorsitzender SCHURA Bremen) der Journalist Eren Güvercin sowie Fazli Altin (Islamische Föderation Berlin), Ünal Kaymakci (Islamische Religionsgemeinschaft Hessen) und Mustafa Yoldas als Vertreter islamischer Landesverbände über die Erwartungen islamischer Religionsgemeinschaften an eine islamische Theologie in Deutschland. Güvercin begrüßte die Veranstaltung als längst überfällig. Es sei ein Versäumnis gerade der islamischen Spitzenverbände, ein so wichtiges Thema nicht einer umfassenden Debatte zu stellen. Die Vertreter der islamischen Landesverbände betonten die Notwendigkeit, die islamische Theologie frei von politischer Einflussnahme zu halten. Eine solche habe sich etwa bei der Besetzung der Beiräte gezeigt. Außerdem wiesen sie darauf hin, dass Hochschulfragen ebenso wie schulischer Religionsunterricht Landessache sei, weshalb den islamischen Landesverbänden hier ein besonderes Gewicht zukäme.
Nach Gebet und Mittagessen diskutierten auf dem Podium der Wissenschaftsvertreter unter der Moderation von Özlem Nas (SCHURA Hamburg) Prof. Dr. Katajun Amirpur (Universität Hamburg), Prof. Dr. Mouhanad Khorchide (Universität Münster) und Dr. Ertugrul Sahin (Universität Frankfurt). Prof. Harry Harun Behr (Universität Erlangen-Nürnberg) hatte wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen müssen. Angesichts des immer wieder erhobenen Vorwurfs der politischen Einflussnahme auf die Formung der islamischen Lehre räumte Prof. Amirpur ein, dass es solches Ansinnen in Teilen der Politik durchaus gebe. Sie wandte sich deutlich gegen jegliche Versuche der Instrumentalisierung. Dies wurde auch von Prof. Khorchide geteilt. Er sieht aber eine unabhängige Entwicklung als gewährleistet an. Ferner betonte er die Erforderlichkeit einer zeitgemäßen Auslegung der islamischen Glaubenslehre, jedoch im Rahmen in inhärenten Grenzen. Damit trat er wiederholt geäußerten Vorwürfen entgegen, er würde gerade diese verlassen.
Nachdem Ayatollah Dr. Ali Reza Aarafi (Al Mustafa International University Qom/Iran) über die Bedeutung der Annäherung der islamischen Rechtsschulen vorgetragen hatte – angesichts der Pluralität der Muslime in Deutschland ein wichtiges Thema auch für den Islam an der Hochschule – wandte sich das letzte Podium moderiert von Djavad Mohagheghi der Praxis in den Gemeinden zu: Die Imame Zulhajrat Fejzulahi (Islamisch-Albanisches Kulturzentrum Hamburg), Mohamed Ibrahim (Islamisches Zentrum Wolfsburg) und Ayatollah Reza Ramezani (Islamisches Zentrum Hamburg) fragten, was die islamische Theologie an der deutschen Hochschule den Moscheen bringen würde. Hauptsächlich ging es um die Ausbildung von Imamen. Hier erwies sich, dass eine Imamausbildung gewisse Fertigkeiten wie die Qur´an-Rezitation voraussetzt, die im theologischen Hochschulstudium nicht vermittelt werden kann.
Am Ende wurde die Tagung von allen Beteiligten als sehr gelungen und produktiv bewertet. Positiv bewertet wurde auch, dass die Veranstalter trotz der Absage von Vertretern aus dem Koordinationsrats der Muslime (KRM) am Konzept einer offenen Debatte aller relevanten Akteure festgehalten hatten.