Antimuslimischer Rassismus muss ernst genommen werden

Am ersten Tag des Ramadan wurde in Hamburg eine junge muslimische Mutter am Abend im Beisein ihres Babys von zwei islamfeindlichen Männern brutal angegriffen. Ihr wurde ins Gesicht geschlagen und das Kopftuch entrissen. Sie erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Nasenbeinfraktur und musste ins Krankenhaus. Erst vor zwei Jahren wurde am nahezu selben Tatort ein 12-jähriger Junge von zwei Männern rassistisch beleidigt, mit Faustschlägen verletzt und mit einem Gehstock ans Bein geschlagen. 2023 hat in Hamburg ein Neonazi mit einem Gewehr durch die Wohnungstür einer muslimischen Familie geschossen. Zuvor hatte er sie mit rassistischen Aushängen, Beschwerden und Anrufen bei der Polizei täglich tyrannisiert. Bei seiner Festnahme äußert er der Polizeibeamtin gegenüber sein Bedauern, dass er niemanden getroffen hätte.

„Wir begegnen der Tatsache des zunehmenden Antimuslimischen Rassismus und der Brutalität gegenüber MuslimInnen mit großer Sorge und machen regelmäßig, wie auch in diesem Jahr in den Internationalen Wochen gegen Rassismus durch verschiedene Projekte, wie z.B. die Fotoausstellung Jugendlicher im Altonaer Museum, auf Rassismuserfahrungen aufmerksam. In diesem gesamtgesellschaftlich relevanten Kontext der zunehmenden Feindlichkeit gegenüber Minderheiten bis hin zu Remigrationsphantasien, begegnen wir der Tatsache, dass der Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit zurückgezogen wurde, mit großer Irritation.

zurückgezogener Bericht gegen Antimuslimischen Rassismus

Der aktuell zurückgezogene Bericht, der von einem unabhängigen Expertenkreis vorgelegt wurde, belegt ebenso wie zahlreiche Studien, dass Antimuslimischer Rassismus keine Randerscheinung ist und längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.“, so Özlem Nas, Antirassismusbeauftragte und stellvertretende Vorsitzende der Schura. „Jede zweite Person in Deutschland stimmt antimuslimischen Aussagen zu. Diese ablehnende Haltung bildet den Nährboden für Rechtsextremismus und führt zu Alltagsrassismus sowie strukturellem und institutionellem Rassismus mit Ungleichbehandlung, verbalen und auch körperlichen Angriffen gegenüber MuslimInnen.“, so Nas. Rassistischen Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt, im Bildungswesen, in Institutionen und in der Öffentlichkeit gehören zur alltäglichen Lebensrealität vieler MuslimInnen. Dennoch werde Antimuslimischer Rassismus kaum als gesamtgesellschaftliches Problem wahrgenommen und die Betroffenen werden mit ihren traumatischen Erfahrungen alleine gelassen.

Antimuslimischer Rassismus braucht mehr Beachtung

In diesem Kontext setze das Zurückziehen des Berichtes ein falsches Signal und werfe viele Fragen auf. Zumal sämtliche Berichte, die durch Ministerien veröffentlicht werden, im Normalfall einer Rechtsprüfung unterzogen werden, sei die hier dargelegte Vorgehensweise mehr als fraglich. Die Entfernung des gesamten Berichts berge die Gefahr der verstärkten Wahrnehmung, dass Antimuslimischer Rassismus staatlicherseits nicht ernst genommen werde. „Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf die muslimische Community, sondern auch auf die soziale Kohäsion in der Gesamtgesellschaft. Wir fordern, dass der Bericht nach nun nachträglicher rechtlicher Überprüfung in einem rechtskonformen Zustand unverzüglich wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muss. Eine vollständige Entfernung des Berichts ist ein falsches politisches Signal. Antimuslimischer Rassismus muss ernst genommen werden und alle müssen das Grund- und Menschenrecht auf Diskriminierungsfreiheit eines jeden Individuums achten. Alle TäterInnen rassistischer Gewalt müssen unverzüglich gefasst werden.“, so Özlem Nas abschließend.