Grußbotschaft des Bundespräsidenten zum Fest des Fastenbrechens 2012

Joachim Gauck, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.

Zum ersten Mal grüße ich als Bundespräsident die muslimische Gemeinschaft in unserem Land, die in diesen Tagen den Ramadan beendet und das Fest des Fastenbrechens begeht.

Das Fastenbrechen wird von allen gläubigen Musliminnen und Muslimen mit großer Freude erwartet. Ich freue mich mit Ihnen; mit allen, die dieses Fest feiern und die dabei mit ihrer Familie Zusammenkommen, mit ihren Nachbarn und Freunden. Auch weit entfernt lebende Verwandte und Freunde melden sich und grüßen einander. Ein Fest der Begegnung, des Austausches, des Erzählens – des tief erlebten und erneuerten Miteinanders.

Manch einem fallt die Zeit des Fastens nicht leicht. Und trotzdem kann es jedem gut tun, dabei mitzumachen. Alle Religionen kennen ja Zeiten und Übungen, die uns auf das Wesentliche des Lebens aufmerksam machen können, indem sie den normalen Alltag unterbrechen und verändern. Das Überflüssige, das Unwesentliche, das Zerstreuende oder auch das nur Bequeme sollen für eine Weile abgelegt werden, um zum Kern und zum Eigentlichen des Lebens zu finden.

Wir alle brauchen Zeiten der Besinnung, die uns neu orientieren, die uns das Verhältnis neu klären lassen, das wir zu uns selbst haben, zum anderen und zu Gott. Wir merken: wenn diese Verhältnisse neu ausgerichtet werden, wenn sie stimmen, gelingt unser Leben besser.

Ich freue mich darüber, dass das Fest des Fastenbrechens in Deutschland immer mehr zu einem selbstverständlichen Teil des Lebens wird, das nicht nur von muslimischen Bürgern wahrgenommen wird. Ich weiß und ich finde es gut, dass es in vielen Familien, Nachbarschaften, in Institutionen und Vereinen gemeinsame Iftar-Essen gibt, zu denen auch Nicht-Muslime eingeladen werden, und gemeinsames Fastenbrechen, in dem sich gemeinsame Lebensfreude ausdrückt.

Wir Menschen sind verschieden: wir glauben unterschiedlich, wir leben unterschiedlich, wir haben unterschiedliche Bräuche und Riten. Aber wir können miteinander auskommen, wir können einander respektieren, einander schätzen und voneinander lernen. Daran glaube ich und dafür will ich mich auch nach besten Kräften in meinem Amt einsetzen.

Das Miteinander in der einen Gesellschaft, in der wir leben, braucht Engagement und Mühe, braucht den guten Willen und die Offenheit eines jeden einzelnen. Wir brauchen nicht trotziges Beharren auf Trennendem, sondern Schritte aufeinander zu. In diesen Tagen wird das wieder an vielen Orten in Deutschland geschehen. Darüber freue ich mich.

Allen, die das Fest des Fastenbrechens begehen, wünsche ich frohe Stunden, Friede, Gesundheit und Glück.

Joachim Gauck
Bundespräsident